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Sounds of Silence

Oder: „Geräusche sorgen für Erinnerungen, aber auch für Emotionen“, Bryan Pijanowski, Professor für Klangökologie.

Auf unserer multisensorischen Entdeckungsreise durch fünf Länder Europas und zu uns selber, haben wir in früheren Berichten auch schon von den Flaneuren und ihrem Erkenntnislabor gesprochen. Der Laborcharakter für unseren Trip bildeten die Welt, der Raum, der Kontext, den wir durchstreiften, die Orte die wir kennen lernen durften, kombiniert mit den fünf klassischen, gemeinhin etablierten Sinnen, Augen, Ohren, Zunge, Nase und Haut. Genauer ist es, wenn wir von mindestens sieben Systemen sprechen, im Wissen, dass die Wissenschaft aktuell vermutet, dass es noch mehr sein könnten; dem auditiven, dem taktisch/haptilen, dem visuellen, dem gustatorischen, dem olfaktorischen, dem vestibulären und dem propriozeptiven System und das, zusammen mit unseren kognitiven Fähigkeiten, in einen Becher geben und gut schütteln.

Von allen diesen Faktoren, resp. Systemen haben wir in unserem Logbuch der Wahrnehmungen berichtet; mich persönlich hat das propriozeptive diesen Monat am meisten beschäftigt, fasziniert und erleuchtet.

Heute soll es, und da passt das wohl mehrheitlich stattfindende Nieselregenwetter vielleicht ganz gut dazu, um den Sinn gehen, der im Embryo als erstes entwickelt wird und auf dem Sterbebett als letztes aufhört zu funktionieren; um den Hörsinn.

Vorab, da staune ich selber etwas über uns, kann konstatiert werden, dass keiner von uns drei Stramplern je Musikstöpsel in den Ohrmuscheln hatte. Gerade auf harten Passstrassen auf den Berg, hätte ich, von erst neulich gemachten guten Erfahrungen auf dem Spinninggerät in Rhodos inspiriert, geglaubt, einen Motivationsnutzen guter Musik im richtigen Tretrhythmus würde uns dann häufiger mal quasi auf die Sprünge helfen.

Auf der Strasse hat ein eingestöpseltes Soundsystem natürlich auch Nachteile und Risiken, fehlt doch in brenzligen Situationen ein Teil der Wahrnehmung und damit wichtige Aufmerksamkeitspräsenz.

Vielleicht ist der Verzicht darauf aber noch viel stärker dem Mehrwert zuzuschreiben, den man erhält, wenn man seine Ohren ganz dem widmet, was um einen herum so brummt, pupst, summt, knattert, still hält, reibt, rauscht, zischt, schweigt, knallt,… oder singt. Wie gestern Gion in einer Passanfahrt, als er plötzlich „bicycle“ von Queen anstimmte. Und ich sofort die zweite Stimme übernahm… Hatten wir Gaudi!

Darum, den müssen wir hier kurz bringen:

Bicycle, bicycle, bicycle
I want to ride my bicycle, bicycle, bicycle
I want to ride my bicycle
I want to ride my bike
I want to ride my bicycle
I want to ride it where I like

You say black, I say white
You say bark, I say bite
You say shark, I say, hey, man
Jaws was never my scene
And I don’t like Star Wars

You say Rolls, I say Royce
You say God, give me a choice
You say Lord, I say Christ
I don’t believe in Peter Pan
Frankenstein or Superman
All I wanna do is

Bicycle, bicycle, bicycle
I want to ride my bicycle, bicycle, bicycle
I want to ride my bicycle
I want to ride my bike
I want to ride my bicycle
I want to ride my

Bicycle races are coming your way
So forget all your duties, oh, yeah
Fat bottomed girls, they’ll be riding today
So look out for those beauties oh yeah

On your marks!
Get set!
Go!

Bicycle race, bicycle race, bicycle race
Bicycle, bicycle, bicycle want to ride my bicycle
Bicycle, bicycle, bicycle
Bicycle race

Hey

You say coke, I say caine
You say John, I say Wayne
Hot dog, I say, cool it man
I don’t wanna be the president of America

You say smile, I say cheese
Cartier, I say please
Income tax, I say Jesus
I don’t wanna be a candidate
For Vietnam or Watergate
Cause all I want to do is

Bicycle, bicycle, bicycle
I want to ride my bicycle, bicycle (come on), bicycle
I want to ride my bicycle
I want to ride my bike
I want to ride my bicycle
I want to ride it where I like.

Auf unserer Reise haben wir aber durch das viele in die Welt hineinhören auch gelernt, dass es Sounds gibt, die schier Suchtpotential haben. Bei welchem Tempo, kombiniert mit welchem Strassenbelag, wird es schier hypnotisch? Bei welchem Krafteinsatz ist der – nota bene – selber erzeugte Klangteppich dermassen einnehmend, verführerisch, gewinnend, hin- und mitreissend, entzückend, verlockend, berauschend, einlullend, dass man schlicht nicht anders kann, als noch länger noch härter zu pushen und mehr Gas zu geben?

Wieviele Kuhglockengebimmel, Vogelstimmenzwitschern, Wasserlaufrauschen, Laubrascheln, Bergwindpfeifen, Bienensummen, Atemzugstöhnen, Donnergrollen, Windsäuseln, Pulsschlagen durften wir über die Tausenden von Kilometern wahrnehmen und differenzieren lernen!

Weil das perfekt zum Thema passt, soll ein aktueller, spannender und berührender Text aus den Medien, war vor ein paar Tagen in der Süddeutschen Zeitung, nachfolgend zitiert sein. Viel besser kann man die Bedeutung des Themas nicht veranschaulichen, wortwörtlich zum Klingen bringen:

Wer wissen will, wie weit sich die Menschen mittlerweile entfernt haben vom Planeten, auf dem sie leben, der sollte zum Beispiel einen Nachmittag in New York City verbringen und sich dabei nicht einschüchtern lassen von den riesigen Gebäuden. Flanieren, stehen bleiben, die Augen schliessen und auf die Geräusche achten: die Bass-Mischung aus Lüftungen, Klimaanlagen und Motoren, Sirenen, Hupen, Handy-Gebimmel; das Rattern der U-Bahn, auf den Gehsteig platschende Müllsäcke, das Scheppern von Besteck. Natürliche Geräusche ausser dem Gebrabbel der Leute, das von der Bass-Mischung aufgesaugt wird: ein bellender Hund und Wind zwischen Häuserschluchten.

„Es dürfte Menschen geben, die in ihrem Leben kaum ein natürliches Geräusch hören“, sagt Bryan Pijanowski. Auf seiner Visitenkarte steht „Professor für Klangökologie“ an der Purdue University im US-Bundesstaat Indiana. Den Begriff „Weltlauscher“ findet er durchaus passend. Er hat mehr als vier Millionen Geräusche aufgezeichnet, er will nun aus Veränderungen über die Jahre hinweg die Konsequenzen erklären. „Wir waren jahrhundertelang mit der Umgebung verbunden und haben Klänge zur Orientierung und zum Überleben genutzt. Diese Fähigkeit ist uns abhanden gekommen“, glaubt Pijanowski. Die Stadt, so seine These, trenne einen von der Natur, und weil es dort vergleichsweise weniger Geräusche mit wichtigen Informationen gebe, „stecken wir uns Stöpsel in die Ohren und kapseln uns noch weiter ab“.

Pijanowski ist ein hemdsärmeliger Typ, an den Schultern beinahe so breit wie hoch (er ist sehr hoch), er nennt sich selbst einen „Forscher aus dem 19. Jahrhundert, ausgestattet mit Werkzeugen aus diesem Jahrtausend“, und wie jeder Mensch, der seine Berufung gefunden hat, kann er leidenschaftlich über diese Berufung reden: „Ich war an entlegenen Orten, an denen man mehr als 400 Spezies gleichzeitig hören kann, dazu Tausende Geräusche wie Gräser und Bäume, Regen und Stürme. Es ist mein Ziel, die Leute wieder mit diesem Planeten zu verbinden. Klang gab es in unserem Universum schließlich 300’000 Jahre vor Licht, und wir dürfen nicht vergessen: Alles, was sich bewegt, erzeugt ein Geräusch – und alles in diesem Universum bewegt sich.“

Man kann sich vorstellen, wie sich Pijanowski im Indiana-Jones-Outfit durch Patagonien kämpft, um auf einem Gletscher ein Mikrofon zu installieren, das ein Jahr lang zu jeder vollen Stunde eine Minute lang Geräusche aufzeichnet. Wie er den wackligen Turm auf der südostasiatischen Insel Borneo besteigt und eine Nacht lang einfach nur lauscht. Wie er alleine („ich will keine störenden Geräusche hören“) und mit allerhand Geräten durch den Regenwald in Südamerika pilgert und tagelang darauf wartet, den Sound eines Gewitters zu erleben. Das, sagt er, sei übrigens das faszinierendste Geräusch der Welt.

„Hmmmmmm“, brummt er, so wie Bud Spencer brummt, wenn er kolossal genervt ist. In der Nähe des Äquators gibt es keine kalte und warme Luft, die sich vermischen kann, also ist Donner dort ein dumpfes Rollen. „In Europa und Nordamerika gibt es das Geräusch, das die meisten kennen“, sagt er und macht: „Kchchchch, bumm, peng, rrrrrrrr“. In Alaska dagegen: ein Heulen, als würde jemand aus tiefster Seele seufzen und sämtlichen Schmerz der Welt ausatmen, „Aaaaaaaaah“. Das Geräusch in der Wüste könne er nicht reproduzieren, das müsse man schon selbst erleben.

Der erste Kontakt zur Aussenwelt im Leben eines Menschen sei die Stimme der Mutter, lange vor der Geburt; der letzte Sinn, der vor dem Tod den Dienst aufgebe, sei das Gehör. Dennoch habe der Mensch die Fähigkeit des Zuhörens verloren, nicht nur in politischen und gesellschaftlichen Debatten, bei denen so viele Leute noch nicht einmal darauf warten, bis sie endlich wieder selbst dran sind mit Reden. Das will Pijanowski ändern, er hat den Film „Global Soundscapes“ gedreht, der nun in Nordamerika gezeigt wird und dann auch in deutsche IMAX-Kinos kommen soll.

„Geräusche sorgen für Erinnerungen, aber auch für Emotionen“, sagt Pijanowski, der den Film wie auch seine Forschung als interaktives Erlebnis gestaltet. Die Leute sollen fühlen, was mit ihnen passiert, wenn alle im Kinosaal zu lachen beginnen. Wenn sie ein Lied hören, das sie aus ihrer Kindheit kennen. Wenn sie die Geräusche herumtollender Tiere wahrnehmen – und dann aufgrund der Stille bemerken, dass diese Tiere ausgestorben sind. „Man kann das alles auch anhand von Daten und Graphen zeigen“, sagt er: „Das Erlebnis wird aber ein anderes, wenn man mit den eigenen Ohren hört, dass mit diesem Planeten etwas nicht stimmt.“

Klangökologie ist eine recht junge Wissenschaft, Pijanowski sagt selbst: „Es gibt nicht viele Typen wie mich.“ Das hat lange Zeit auch daran gelegen, dass es sehr mühsam und bisweilen auch ineffizient gewesen ist, Geräusche an möglichst verschiedenen Orten der Welt aufzuzeichnen: „Vor 15 Jahren gab es einen Laptop und ein Aufnahmegerät, das nur 30 Minuten lang funktionierte“, sagt Pijanowski. Nun verwendet er Geräte, die 48’000 Geräusche pro Sekunde aufnehmen und deren Batterien ein Jahr lang halten wie das auf dem Gletscher. Daten lassen sich schneller übermitteln und mit Hilfe von künstlicher Intelligenz präziser auswerten: „Wir müssen nicht mehr alles selbst abhören, sondern haben Geräte über Algorithmen darauf trainiert.“

Die Erforschung von Geräuschen spielt mittlerweile eine wichtige Rolle zum Beispiel bei der Migration von Tieren, dem Wachstum von Pflanzen oder der Bewertung kompletter Ökosysteme. In Kombination mit anderen wissenschaftlichen Erkenntnissen lassen sich zum Beispiel präzise Prognosen über Wirbelstürme im Mittleren Westen der USA erstellen, die bisweilen sehr gefährlich werden können. „Wir können rote Fäden erkennen und die Daten mit Kollegen anderer Gebiete abgleichen“, sagt er.

Pijanowski will die Leute nicht nur zum Zuhören verführen und zum Hinausgehen in die Natur, sondern auch zum Umdenken. Die Leute sollen ihm Geräusche von überall schicken, „wir hören alles an und werten alles aus“. Der Forscher aus dem 19. Jahrhundert kann aufgrund der Werkzeuge aus diesem Jahrtausend wichtigen Fragen nachgehen: Wann kehren Tiere nach Bränden wie denen in Kalifornien zurück in die Gegend? Was passiert mit Pflanzen nach einem Wirbelsturm? Oder, passend zur Klimawandel-Debatte: Warum sind im Bundesstaat Illinois, wo Pijanowski seit zwölf Jahren Geräusche aufzeichnet, im Juli Wandertiere wie etwa Vögel zu hören, die sich von der Sonne leiten lassen, aber in diesem Jahr keine Zikaden, die sich an der Temperatur orientieren? Und, die übergeordnete Frage bei alledem: Was hat der Mensch damit zu tun?

Pijanowski wird weiterhin hinausgehen in die Natur, es gibt da noch ein paar Gebiete, die er selbst noch nicht ausreichend gehört hat: Mangroven zum Beispiel, diese Salzpflanzen, die in tropischen Küstenregionen zu bestaunen sind. Die Tundra („windig und kalt, es gibt kaum Bäume, ein Donner sollte dort sehr elektrisch klingen“) oder auch Nadelwälder. Was Pijanowski auf jeden Fall gelingt: Wer sich mit ihm unterhält oder den Film sieht, der will sofort selbst hinaus in die Natur, Tiere hören und Gräser, und natürlich das Geräusch von Donner. Am Strand von Kalifornien klingt es übrigens wie ein gezogenes Lichtschwert, gefolgt von einem lauten Grollen: „Pich-wrrrrrrrr.“

Wir glauben, dem ist kaum mehr etwas beizufügen und hoffen, der gute Professor hätte seine Freude gehabt an den tausenden von Geräuschen, die wir während unserer Reise erhören durften. Wir hatten es und haben dabei auf diesem Gebiet viel dazugelernt.

Die Superschnellversion der heutigen Tagesetappenbeschreibung wäre: vergessen Sie’s, ein Tag zum Abhaken!

Variante b) wäre; lesen Sie den Bericht vom 22.9. noch einmal!

Unsere wirkliche Einschätzung hier etwas ausführlicher, wie wir Ihnen das, Heilandsack, schuldig sind: Heute ging es von Saint-Girons aus zuerst in unserer fahrenden Villa ein paar Kilometer zum Passfuss des col de l’agus. Wie zu erwarten war, starteten wir auf Untersätzen, die seit Bereitstellung schon klitschklatschnass waren. Von jetzt an sollte es nur noch feuchter werden während dieser doppelsinnigen Tortour. Wie mindestens zwei (drei) aus unserer Truppe am eigenen Laib erfahren haben, ist die medial bekannte Tortour ein Schweizer Mehrtagerennen en velo. Wie allgemein bekannt, bedeutet Tortour übersetzt „Qual, Quälerei, Strapaze“, was heute zweifelsfrei ganz gut zutraf. Eine dritte Bedeutung könnte heute aber auch in der Leseart „Tor-Tour“ liegen; also eine Tour, die nur Tore machen… Mir gefällt die Definition aus Wikipedia mit Abstand am besten…

Torheit, ein abkommender Begriff der gehobenen Umgangssprache, beschreibt die negative (fehlerhafte) Seite der Einfalt.

Ein Tor oder töricht ist sinngemäß eine Person, die etwas nicht nachvollziehen kann, solange sie es nicht selbst erlebt hat. Der Tor erkennt erst, nachdem das Kind in den Brunnen gefallen ist, dass es tot ist. Vorher kann der Tor die Situation nicht abschätzen. Als Person handelt er also aus Beschränktheit töricht („… aufsässig, frech, unbelehrbar, unvernünftig, aggressiv, unreif, naiv …“). Ein Tor jagt Unerreichbarem nach oder wählt zur Erreichung vernünftiger Absichten ungeeignete (unpraktische) Mittel, beispielsweise mit Kanonen auf Spatzen zu schießen. Somit ist die Torheit das Gegenteil von Klugheit oder Schlauheit.

In der älteren Sprache wird der Begriff oft mit schärferem Vorwurf verwendet. Der Tor ist ein Narr, unbelehrbar, mutwillig und stiftet erheblichen Schaden bis hin zum Frevel.

Wie auch immer. Für uns ging’s einfach ruckzuck wieder los wie jeden Tag: aufwärts! Unser erster Pass hatte alles, was aus unserer Sicht einen Pass ausmacht: 1. Heftige Steigung, sowohl was Höhenmeter, als auch was maximale Prozente angeht, hier 700/14, räumlicher Reichtum, intensive Fachgespräche, zum Beispiel über die grosse Bedeutung von Mitochondrien, Abwechslung hinsichtlich Linienführung, ein paar Kuhfladen auf dem Belag, heute wirklich besonders schön ein- und aufgeweicht, Zeit für optische, schier meditative Studien an den musterartigen Miniwellenhügeln, die einem auf dem Asphalt parallel entgegenfliessen, Überraschungen, heute eine echt surrealistische Begegnung im Waldaufstieg mit einer sehr lärmigen Strassenputzmaschine, die keine sichtbaren Ergebnisse produzierte (mein schildkrötenschnelles Gefährt hat dann diese Schnecke genervt überholt) und auf dem Pass, auf dem der Regen uns wie Fäden horizontal entgegenpustete, eingebaut in ein Haus, eine wundervoll einladende Nische mit Cheminée, darauf perfekt kross gebratene St.Galler Bratwürste,… Blödsinn. Der letzte Punkt war meiner vor Kälte verzweifelnden Phantasie entsprungen.

Gipfelfoto, frisches Wasser tanken! Ja was denken Sie? Wir würden wegen dieses bisschens Regen nicht trinken? Wäre fatal!

Weiter im Text, äh, auf dem Rad. 800 Höhenmeter runter ohne zu rutschen; prudence! Und der nächste Aufstieg. Hier u.a. die Frage eingekreist, woran es liegen mag, dass mich die paar wenigen Male, bei denen wir auf unserer Wunderreise eine „Teermaschine“, der korrekte Begriff wäre Asphaltfertiger, kreuzten, immer genau dann, wenn ich diesen für mich seltsamerweise schier nicht zu topend leckeren, ja paralysierenden Duft in die Nase kriege, der unter den braunen kartoffelsackähnlichen Tüchern, die auf den Lastwagen diese kohlschwarze, plastische Masse abdeckt, hervorströmt, dieses unglaublich vertraute, leicht berauschende Gefühl umlullt, ja richtiggehend vereinnahmt, das ich kenne und liebe seit ich Bub bin.

Der Analytiker in mir hat Erklärungsideen parat: Um Teer, wie der Volksmund meint, geht es gar nicht, da er aus gesundheitlichen Gründen, er enthält in stark wechselnden Mengen und Zusammensetzungen Polyzyklische Aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK) und Phenole, verboten ist. Was ich jeweils rieche sind die Bestandteile von Bitumen, die bei der schonenden Aufarbeitung von Erdölen gewonnenen dunkelfarbigen, hochmolekularen Kohlenwasserstoffgemische und die in Schwefelkohlenstoff löslichen Anteile der Naturasphalte, den natürlich vorkommenden Gemischen aus Bitumen und Mineralstoffen. Sie sind komplexe kolloide Systeme, die je nach Herkunft und Herstellungsverfahren aus unterschiedlichen Mengen aliphatischer und aromatischer Kohlenwasserstoffe bestehen. Für den Geruch von Bitumen sind hochsiedende, schwefelhaltige Kohlenwasserstoffe verantwortlich, die auch in grosser Verdünnung wahrgenommen werden.

Der Hobbykoch in mir stellt seit Jahren mit Interesse fest, dass in der Spitzengastronomie vermehrt ähnlich duftender Lakritz verwendet wird, dessen Inhaltsstoffe aus den Wurzeln des echten Süssholzes als Rohlakritz extrahiert und eingedickt wird. Zusätzlich werden Zuckersirup, Mehl und Gelatine zugesetzt, um daraus die üblichen Lakritzformen herzustellen. Vermischt mit Stärke, Agar, Anis, Fenchelöl, Pektin und teilweise Salmiak, ha, hier haben wir die olfaktorisch-gustatorische Verwandtschaft(!), werden die üblichen Lakritzvariationen hergestellt. Die schwarze Farbe, die Lakritzsüssigkeiten in der Regel haben, ist, nicht wie beim Asphalt, künstlich verstärkt.

Der Kinderpsychologe klopft an und meint: Der Bub hatte einfach über Jahre diesen unumstösslichen Berufswunsch, später (weiter) mit solchen Maschinen „spielen“ zu dürfen. Müsste mal Mama fragen, da ich mich selber nicht an sowas erinnere.

So oder so. Sie sehen, auch solch verpisste Tage haben ihren Wert!

Nach der zweiten Passabfahrt leicht unterkühlt sowie schlotternd in den Bus, Umziehaktion, La-Vague-Kuchen in seiner Höchstform, Hotel, duschen, unter die unvorstellbar flauschig-kuschelige Decke, in drei Sekunden richtig glücklich weggeschlafen. Für kein Geld der Welt kann man sich das kaufen; wow, das L!E!B!E!N! ist ein Wahnsinn!

Heute also einmal, den Luxus können wir uns nun leisten, den letzten der geplanten Pässe so was von tiefenentspannt gestrichen von der Liste…

Übrigens: dieses ununterbrochene Säuseln am Lauschapparat, welches der heutige Regen in verschiedenen Intensitäten und Klängen am Ohr erzeugt hat, war poetisch wunderschön.

P.S. Erkennen Sie die pantomimische Absicht der drei Figuren auf unserem Titelbild? „E.T. go home!“ Laaangsam freuen wir uns wieder auf unsere Lieben zuhause…