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Trainingserfolg?

Heute wurde wieder einmal bewusst heftig gefrühstückt, geht es auf unserer Reise doch auch darum, immer mal wieder etwas Neues auszuprobieren. Für mich als genereller Nichtfrühstücker bereits ein Experiment höherer Klasse.

Neben den lukullischen Genüssen, geht es beim Speisen für den Sportsmann dabei um die nicht unwesentliche Frage, mit welchem Ansatz, mit welchen physiologischen Inhaltsstoffen er für seinen Stoffwechsel optimale Verhältnisse schafft, um 30 Mal hintereinander in Würde einen solchen Ochsentourentag überleben zu können, wie wir es vorhaben.

Aufgrund unserer BMI’s, die vor Reisestart alle deutlich über 20 gelegen haben dürften – man rechnet das Gewicht in Kilogramm, dividiert durch das Quadrat der Höhe in Meter, bei mir also 77 : (1.83 x 1.83) = 23 – wäre theoretisch die ideale Energieversorgung diejenige über die Fettsäurenoxidation. Ideal unter anderem darum, weil wir ziemlich viel von dem Zeugs am Körper eingebaut mit uns herumtragen, nicht wenig davon als äusserst ungesundes Viszeralfett am und unter dem Ranzen. Viszeral, ein medizinischer Begriff, bedeutet sowas wie „die Eingeweiden betreffend“. Bei mir total also über 20 kg, was 182’000 kCal entspricht und für rund 220 Stunden Fahrradfahren reichen würde. Was deutlich mehr als die gesamte Fahrzeit unserer Reise entspricht. Theoretisch könnten wir das also überleben ohne etwas zu essen…

Nur, soviel Energie pro Stunde über die Körperfettreserven zu aktivieren, ist nicht so einfach. Dazu braucht es von einer Reihe von Enzymen und Hormonen eine Konzentration im Blut, die nicht ohne Weiters zur Verfügung steht, respektive erst über einen längeren Zeitraum mit intensivstem Training auf den nötigen Level aufgebaut werden könnten. Zudem ist der Krafteinsatz speziell am steilen Berg, davon haben wir einige, so hoch, dass das mit der extensiven Fettsäurenbelastung auch nicht richtig passt. Den Grossteil unserer Leistung rufen wir also über den Abbau der Glykogenreserven ab, die sich, täglich frisch erneuert, in der Leber und in den Muskelzellen befinden. Lange Phasen mit Ausdauersport können die Menge dabei von 150 g in der Leber auf 300 g und von 500 g in den Muskeln auf 1 kg steigern. Im Idealfall starten wir zurzeit also am Morgen jeweils mit gut 1,5 kg Glykogen, was immerhin 6’000 kCal bedeuten. Damit käme man theoretisch über einige Pässe. Da wir aber rund 2’000 kCal für unseren täglichen basalen Stoffwechsel brauchen und dies sowieso alles ideale Labordaten sind, wird die grosse Bedeutung vom Frühstück klar. Ohne wirklich gezählt zu haben, glaube ich, mir heute mindestens 1’500 kCal einverleibt zu haben.

In diesem Zusammenhang vielleicht interessant: pro mol Glykogen baut der Körper rund 2 mol Wasser in den Körper, respektive seine Muskeln ein. Seien Sie also nach einem harten Training mit anschliessend harten Carboloading nicht erstaunt, wenn Ihre Waage ein paar Kilogramm mehr anzeigt; es ist fast nur Wasser.

Das könnte zumindest meinen ziemlich überzeugenden Einstieg in den heutigen Tag erklären. Ich konnte schlicht losbrausen (heute waren wir übrigens auf dem Col de Braus), wie noch nie die letzten Tage. Rund 90 Minuten hielt mein Gefühl, dass ich zum ersten Mal auf unserer Reise einen Trainingseffekt spüren könnte. Alle anderen Tage vorher war, wenn ich ganz ehrlich bin, die vorherrschende Empfindung „platt“.

Die Tagesetappe war wiederum phantastisch, warme Temperaturen, wunderbare Perspektiven ins Land und aufs Meer, die zwei besten Freunde für ein solches Vorhaben an der Seite, Sonnenschein à gogo, viel guter Humor (heute konnten wir den Galgen-…. zuhause lassen) auf dem Sattel, rasante Talabfahrten, spontane, berührende und lustige Begegnungen mit wildfremden Menschen und am Schluss immer noch genug Zeit für Körper- und Materialpflege. Fazit: 7 Pässe in rund 4,5 Stunden. Es war echt merveilleux!